Blickfang des Blumenhaus Herber wird Schierstein fehlen

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Schweren Herzens geben Ellen und Harald Herber ihren Blumenladen in der Alfred-Schumann-Straße auf.

Zum Monatsende schließen Ellen und Harald Herber ihren Blumenladen in der Alfred-Schumann-Straße - ein Nachfolger hat sich nicht gefunden.

„Am 27. Juli wird das Hafenbecken überlaufen vor lauter Tränen“, sagt eine Schiersteinerin, die gerade den Blumenladen von Ellen Herber verlässt. Und in den Augen der Kundin schimmert es verdächtig. Dass das Geschäft nach 35 Jahren zum Monatsende schließen wird (der Räumungsverkauf mit schönen Accessoires läuft), hat für große Bestürzung gesorgt, gehört es doch zum Ort wie die Störche und der Hafen. Mit den vielen Pflanzen und Sträußen vor der Tür war die exponierte Ecke Alfred-Schumann-/Karl-Lehr-Straße ein bunter Blickfang, der gute Laune machte.

Niemand will mehr Vollzeit arbeiten
Immer wieder winken Leute aus ihren Autos heraus – unvorstellbar, dass da bald niemand mehr zurückgrüßen wird. Doch für Ellen Herber und ihren Mann Harald stand nach langer Überlegung fest, dass nun Schluss ist. Der Mietvertrag läuft im Herbst aus, eine Verlängerung wäre durchaus möglich gewesen. Doch das Thema Personalmangel machte auch bei ihnen nicht halt, seit ein bis zwei Jahren sei es extrem geworden, niemand wolle mehr Vollzeit arbeiten und samstags schon gar nicht, schildert Harald Herber. Nach Weihnachten kamen die beiden ins Grübeln, war es doch eine sehr harte Zeit, weil gleich drei Mitarbeiterinnen wegen Krankheit ausgefallen waren. Und auch das Alter, beide sind 63, gab den Anstoß zum Nachdenken, der Job mit den langen Arbeitszeiten (5 Uhr aufstehen und los zum Großmarkt) sitzt nach so vielen Jahren in den Knochen. Ein Nachfolger hat sich nicht gefunden, liebend gern hätte der Vermieter wieder einen Blumenladen, hatte doch sein Vater dort bis zur Rente gewirkt – und Ellen Herber 1989 als neue Inhaberin angeworben.

Ihre Eltern führten die Erbenheimer Gärtnerei Martin, die Ende der 60er Jahre wegen des Ausbaus der Berliner Straße weichen musste und in die Saarstraße gezogen war. Ellen machte eine Ausbildung zur Floristin bei Blumen May in der Dotzheimer Straße, arbeitete eine Weile in Sonnenberg und kam schließlich nach Schierstein. Ihr Mann Harald ist Gärtnermeister und einzige Vollzeitkraft im sechsköpfigen Team, kümmert sich um Büroarbeiten und ums Ausliefern, auch der Fleurop-Aufträge, die mittlerweile überwiegend von Firmenkunden genutzt würden. „Wegen der vielen Baustellen mussten wir unseren Lieferradius einschränken“, bedauert er. Doch der Laden brummte, man ist bekannt für liebevolle Trauergebinde und zauberhafte Hochzeitssträuße (die auch mal ein langwieriger Prozess seien). Angesagt sind schon länger „Wald und Wiese“, natürliche, den Jahreszeiten angepasste Sträuße, bei den Sommerpflanzen müsse es bienenfreundlich sein, erzählt Ellen Herber.

„Besten und treuesten Kunden in Schierstein“
Die beiden erleben gerade ein Wechselbad der Gefühle: Vorfreude auf die Freizeit und Trauer um die schönen Jahre mit herzlichen Kunden, „den besten und treuesten in und um Schierstein“. Man sei sich gegenseitig ans Herz gewachsen, eine Kundin bedankte sich mit einer Fotocollage „für die zahllosen Glücks- und Entspannungsmomente zu allen Jahreszeiten“. Die werden die Herbers künftig genießen können, an ihrem Wohnort Rambach, aber jetzt erst mal auf Gran Canaria, um zur Ruhe zu kommen und den Kopf freizukriegen. Und dann wird man sehen: „Mal abwarten, was uns begegnet.“

Quelle: Wiesbadener Kurier vom 17.09.2024 (von: red. )