Vor 125 Jahren gründete Adolf Vef
in Rambach seinen Eisenwarenladen
Wer heute bei Helmut Vef die
weitläufigen unteren Räume betritt, kommt aus dem Staunen nicht
mehr heraus. Eine Welt, in der die Zeit ein bisschen stehen geblieben scheint
und in der die Erinnerungen an den Gründer Adolf Vef greifbar sind.
Der Uhrmachermeister [Lehre bei Uhren Wagner), Sohn von Julius Vef,
Bürgermeister von Rambach um 1880, hatte am 1. Juli 1899 als knapp
30-Jähriger sein Eisenwaren-Geschäft im 1877 erbauten Elternhaus
in der damaligen Kirchgasse 5 (später umbenannt in Bremthaler Straße
und seit 1977 Am Ringwall) eröffnet.
Alles, was man so braucht: Nägel
und Mausefallen. Die ursprüngliche Idee einer Apfelweinkneipe, um das
eigene Streuobst zu verwerten, verwarf er, schließlich gab es in dem
kleinen Ort schon fünf davon. Pfiffig wie er war, schwenkte er um und
baute in Eigenarbeit die Einrichtung für einen Laden mit allerlei
Alltagsbedarf für die Rambacher - was man eben so brauchte: Nägel,
Schrauben, Draht, Werkzeuge, Mausefallen. Und seine Uhrenwerkstatt behielt
er bei. Noch heute sind die Regale und Schränke von damals zu bewundern,
die vielen Blechkästchen mit den feinen Porzellanknöpfchen, in
denen einst Unmengen von Schrauben lagerten, die alte Holztheke mit der
Zinkblech-Auflage. "Alles vom Opa selbst gemacht, auch die Waage, die noch
im Keller steht", erzählt sein Enkel Helmut Vef mit leuchtenden
Augen. Er weiß alles über die
Familien- und Geschäfts-Historie, hütet ganze Kisten voller Dokumente,
mit denen akribisch alIes in feinster Handschrift festgehalten wurde, darunter
auch das Kassenbuch 1899 bis 1917. Opa Adolf Vef nahm später
Küchenherde, Kohleöfen und Ofenrohre in sein Sortiment auf, auch
Viehfutter und Leitern für die Obstbäume kämen dazu, während
der Apfel-Erntezeit war das Geschäft dann halbtags geschlossen. Heute
kaum vorstellbar: Gemeinsam mit Sohn Emil baute er in der angeschlossenen
Schreinerwerkstatt eigenhändig Fahrräder und Handwagen, die
"Kniddelkernscher" ohne die mer damals gar nichts ging. In den 20-er Jahren
war der Laden auch Anlaufstelle für viele Rambacher, gab es doch dort
einen der wenigen Telefonanschlüsse des Dorfs. Nachdem 1923 der
Rundfunkempfang für Privatpersonen in Deutschland wieder freigegeben
worden war, bauten Vater und Sohn auch Radios, später kamen im Verkauf
entsprechende Markenprodukte dazu. Ein Original-Volksempfänger steht
noch heute im Keller, wo Helmut Vef eine kleine Sammlung von Radios und
Tonbandgeräten hortet. Sein Vater Emil übernahm das Geschäft
1933, den Krieg überstand man weitgehend unbeschadet, 1949 kam Sohn
Helmut als drittes Kind auf die Welt. ,,Ich stand schon früh an der
Werkbank, hab mir abgeschaut, was die Großen da so machten", erzählt
der 75-Jährige schmunzelnd. Und so war es kein Wunder, dass er in deren
Fußstapfen trat und als gelernter Rundfunk- und Fernsehtechniker nach
gründlichem und Modernisierung des Hauses von 1976 an die Geschäfte
führte. Verkauft wurden dann vor allem Fernseher, Radios und Videorecorder
inklusive Reparatur-Service (daher wohl im Volksmund der Name Elektro Vef),
Ehefrau Karin kümmerte sich fortan um Geschenkartikeln und Haushaltswaren
und die Büroarbeit. 1995 kam eine Postagentur hinzu, "die älteste
Wiesbadens", merkt Vef an. Dirk Zerbe, als Lehrling und Geselle in der Firma,
übernahm den Geschäftsanteil der elektronischen Geräte, zog
2012 rnit eigenem: Geschäft in die Niedernhausener Straße.
Sammelsurium an Haushaltswaren aller
Art
2018 meinte Helmut Vef, alt genug fürs
Rentnerleben zu sein und verpachtete die Firma an den Nachbarn Kai Schuldheis.
Heute können die Kunden aus Rambach und Umgebung auch Postalisches
erledigen, Lotto spielen, Zeitschriften, Schreibwaren, Spielsachen, Gartenbedarf,
Getränke und Süßigkeiten kaufen. Und fündig werden sie
bei den Metallwaren im Untergeschoss oder im riesigen Nebenraum mit einem
großen Sammelsurium an Haushaltswaren aller Art. Schuldheis ist derzeit
auf der Suche nach einem Nachfolger, da er sich neu orientieren möchte,
Name und Angebot sollen aber erhalten bleiben. Und auch wenn Helmut Vef nicht
mehr aktiv mitmischt - Langeweile kennt er nicht: Er wird sich weiter um
seine vielen Obstbäume, den 'großen Garten und allerlei anderes
kümmern. .Und einfach mal ein bisschen länger schlafen", sagt der
agile Rambacher und lächelt verschmitzt. |