Kletterwand in St. Johannes: Das plant der Alpenverein

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Kurze Besprechung vom Vereinsvorsitzenden Uwe Goerttler (links) und Architekt Sven Schneider im ehemaligen Kirchenraum. An der Stirnseite soll eine rund sieben Meter hohe Kletterwand entstehen.Technik im Beichtstuhl, Kletterwand im Kirchenraum, Sakristei als Stuhllager: Der Alpenverein hat die Kirche St. Johannes in Wiesbaden-Rambach gekauft und gestaltet sie um.

Wiesbaden. Ein Kran steht vor dem Rambacher Kirchengebäude, Gerüste sind aufgebaut, Erdhaufen aufgeschichtet. Elektriker gehen ein und aus. Aus der katholischen Kirche St. Johannes entsteht das neue Vereinszentrum des Deutschen Alpenvereins (DAV), Sektion Wiesbaden. Noch in diesem Jahr soll Eröffnung sein, auch wenn sich das Projekt etwas verzögert hat, wie der Vorsitzende Uwe Goerttler sowie Architekt und Bauleiter Sven Schneider vom Büro SLB (Boppard) bei einem Baustellenrundgang berichten.

Sie wollen möglichst viel von der Kirche erhalten, die vor drei Jahren profaniert, also als sakraler Raum entwidmet wurde. Zugleich aber soll das Gebäude aus den 60er Jahren für den mit 5800 Mitgliedern größten Verein Wiesbadens nutzbar gemacht werden. In dem 18 Meter hohen, frei stehenden Turm hängen noch die Glocken - die Kirche wird sie erst demnächst entfernen. Bald soll hier eine Klettermöglichkeit entstehen - wenn die Statik es erlaubt.

Eine weitere, rund sieben Meter hohe Kletterwand kommt an die Stirnseite des Kirchenraums. Hier ist, wie überall im Gebäude, bereits alles entkernt. Wände wurden herausgerissen, andere sind neu hinzugekommen. Immer in Absprache mit dem Denkmalschutz. Die charakteristischen Betonwaben mit Glas werden bleiben, aber zum Wärmeschutz kommt eine Glaswand davor. Auch ansonsten werden die Räume von innen gedämmt. Der Originalboden aus Buntsandstein ist zurzeit abgedeckt, soll aber später wieder sichtbar werden. Die Decke bekommt noch einen Akustikeinzug, um den Hall zu dämpfen.

Denn im Kirchenraum entsteht ein mit einer Glaswand von der Lounge abgetrennter Veranstaltungsraum. „In den Beichtstuhl kommt die Veranstaltungstechnik und wird zum gestaltenden Element“, sagt Goerttler. Die einstige Sakristei wird zum Stuhllager. In Nebenräumen ist Platz für Besprechungen. Alle Fenster werden noch erneuert.

Zahlen und Fakten:
Der Kaufpreis für das Kirchengebäude lag bei 217.000 Euro. Bei den Baukosten will der DAV bei unter zwei Millionen Euro bleiben. Das Geld kann der Verein wegen des Verkaufs der Alpenvereinshütte Madlenerhaus in der Silvretta aufbringen. Außerdem gibt es diverse Fördergelder und Spenden, darunter 4000 Euro der Sparda-Bank Hessen. Zur Energiegewinnung kommen Geothermie, Wärmepumpe und Photovoltaik zum Einsatz. Auf dav-wiesbaden.info ist ein „Baustellenblog“ zu sehen.

In die Unterkirche, wo es etwa einen Kinosaal gab, kommen wieder Jugendräume, außerdem Duschen, Toiletten und eine Küche. Neu ist eine Treppenverbindung vom Untergeschoss zu den Haupträumen. Ebenfalls neu ist der Anbau für Büroräume. Er hat auf beiden Seiten Eingänge, einer davon ist barrierefrei.

Hanglage war Herausforderung:
„Die Lage am Hang war eine besondere Herausforderung“, sagt Architekt Schneider. „Als wir kamen, war das Gelände wie im Dornröschenschlaf, alles zugewachsen“, erzählt Goerttler. Marode Bäume auf dem 2000 Quadratmeter großen Grundstück mussten gefällt werden. Vieles haben die Vereinsmitglieder in Eigenarbeit gemacht. Die Sandsteintreppe wurde abgebaut, die Platten sollen wiederverwendet werden. Ein Treffpunkt mit Grillplatz für die Jugendlichen des Vereins und ein Erlebnispfad für Kinder sollen entstehen.

Für die Rambacher war es nicht einfach, dass ihr Gotteshaus verkauft wurde. Doch immer weniger Gläubige haben die Gottesdienste besucht. Als Erinnerung will die Kirche einen Gedenkort zur Straße hin gestalten. Der DAV integriert sich im Ort, ist etwa aktives Mitglied im Vereinsring.

Quelle: Wiesbadener Kurier vom 11.04.2024 (von: Michaela Luster)