Wie eine Wiesbadener Schiedsfrau Gerichtsprozesse verhindert

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Die Schiedsfrau Monika Zerbe-Hardt schlichtet seit 15 Jahren Nachbarschaftskonflikte in Sonnenberg und Rambach.
Wenn Nachbarn aneinandergeraten, scheint ein Gang vor Gericht unausweichlich. Doch es gibt eine Alternative:
Schiedsfrau Monika Zerbe-Hardt vermittelt zwischen den Streitparteien.

Lärmende Kinder, bellende Hunde, Grillrauch, wuchernde Gartenhecken oder Äste, die über die Grundstücksgrenze ragen - überall, wo Menschen aufeinandertreffen, besteht auch immer Konfliktpotenzial. Monika Zerbe-Hardt kennt Fälle, bei denen Rosenkrieg am Gartenzaun herrscht, nur zu gut. Denn seit 15 Jahren versucht sie als ehrenamtliche Schiedsfrau für Sonnenberg und Rambach, genau solche Konflikte zu schlichten. „Reden hilft“ lautet ihr Leitspruch. Auf die Frage „Haben Sie denn schon mal mit ihrem Nachbarn darüber geredet?“ antworteten die Kläger viel zu oft mit „Nein“.
Zunächst sei es wichtig, die beiden gegenüberstehenden Parteien in einer ruhigen Atmosphäre an einen Tisch zu setzen und über das Problem sprechen zu lassen. Jeder Beteiligte hat dabei die Möglichkeit darzustellen, was ihn belastet und seinen Standpunkt klarzumachen. Gemeinsam mit den Konfliktparteien versucht Zerbe-Hardt dann, eine Lösung für den Streit zu finden.

Schlichten statt richten:
„Wir sind keine Richter, wir können nicht richten, nur schlichten“, erklärt Zerbe-Hardt,. Sie ist eine von 13 ehrenamtlichen Schiedsleuten in Wiesbaden und die Vorsitzende der Bezirksvereinigung Wiesbaden/Rheingau-Taunus des Bundes Deutscher Schiedsmänner und -frauen. „Im Moment suchen wir eine Schiedsperson für Wiesbaden-Mitte“, berichtet sie. Da das Ehrenamt nicht so bekannt sei, gab es in der Vergangenheit Schwierigkeiten, Schiedsämter nachzubesetzen, erklärt Zerbe-Hardt. Spezielle Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, alles Notwendige lerne man in den Fortbildungen. Für jeden Fall plant Zerbe-Hardt etwa drei bis fünf Stunden ein. Die Verhandlung selbst dauert etwa 1 Stunde. Seit Amtsantritt hat Zerbe-Hardt über 100 Fälle in der Sonnenberger Ortsverwaltung betreut. Meistens handeln die Konflikte von Ruhestörung, Grundstücksgrenzen, seltener geht es auch um Beleidigung, leichte Körperverletzung, Sachbeschädigung, Verletzung des Briefgeheimnisses und Hausfriedensbruch. „Es ist interessant, herauszufinden was die Menschen dazu bewegt, ihre Nachbarn zu ärgern“, sagt Zerbe-Hardt, die hauptberuflich als Tiefbau-Ingeneurin arbeitet.
Wiesbaden „Reden hilft“, ist Schiedsfrau Monika Zerbe-Hardt sicher. Ungefähr die Hälfte der Schlichtungsverfahren endt erfolgreich mit einem Händeschütteln.
„Reden hilft“, ist Schiedsfrau Monika Zerbe-Hardt sicher. Ungefähr die Hälfte der Schlichtungsverfahren endet erfolgreich mit einem Händeschütteln. (© Tim Würz)

Günstiger und schneller als Gerichtsverhandlungen:
Die Verhandlungen lassen sich einteilen in obligatorische und fakultative Fälle: Bei obligatorischen Verhandlungen ist vorgeschrieben, dass die Konfliktparteien erst mit Hilfe einer Schiedsperson versuchen müssen, eine Lösung zu finden, bevor sie überhaupt vor Gericht ziehen dürfen; bei fakultativen Verhandlungen können die Streitparteien sich sowohl an das Schiedsamt als auch direkt an das Gericht wenden. „Aber eine Gerichtsverhandlung dauert lange und kostet viel mehr, weil man einen Anwalt braucht“, erklärt Zerbe-Hardt, „dann haben die Streitenden vielleicht vier Jahre lang Ärger und am Ende einen Richterspruch, mit dem sie gar nicht einverstanden sind.“

Interessierte können sich entweder per E-Mail an das Organisationspostfach des Rechtsamtes der Stadt Wiesbaden rechtsamt@wiesbaden.de wenden oder auf dem Postweg Kontakt aufnehmen:
Rechtsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden, Postfach 3920, 65029 Wiesbaden

Die Internetseite der Bezirksvereinigung ist über folgenden Link zu erreichen: https://www.bds-wiesbaden.de/startseite
Eine Schiedsverhandlung in Wiesbaden kostet „maximal 50 Euro. Das wird je nach Gemeinde anders gehandhabt“. Etwa die Hälfte von Zerbe-Hardts Schlichtungsverhandlungen verlaufen erfolgreich. Haben sich die Streitparteien mit Zerbe-Hardt auf einen Kompromiss geeinigt, wird das Schlichtungsprotokoll von allen Beteiligten unterschrieben und ist danach für 30 Jahre verbindlich. Zerbe-Hardt freut sich über jeden erfolgreich geschlossenen Vergleich, „weil man da ein bisschen zum Frieden der Nachbarn beitragen kann.“

Quelle: Wiesbadener Kurier vom 31.05.2023 (von: Karina Sachs )