Großer Andrang bei der
Informationsveranstaltung am Sonntagnachmittag
"Selten war unsere Kirche so voll wie
heute" meinte Pfarrer Frank Schindling, der sich ein solch großes Interesse
auch an Gottesdiensten wünschen würde. Mit der bis auf den letzten
Platz besetzten Kirche zeigten die Rambacher - egal ob Kirchenmitglied oder
nicht - dennoch eindrucksvoll wie wichtig Ihnen Zukunft und Erhalt der
katholischen Kirche St.Johannes in ihrem Stadtteil ist. Begrüßen
konnte Pfr. Schindling außerdem das Pastoralteam, den Verwaltungsrat
und den Pfarrgemeinderat von St.Birgid, der großen kath. Gemeinde
Wiesbadens, dem die Rambacher zugehören. Außerdem waren anwesend
Vertreter des Bistums Limburg, sowie Vorstand und Mitglieder des
Fördervereines St.Johannes und der Wiesbadener Sektion des Alpenvereins
Deutschland. Bevor Pfr. Schindling darauf einging welche Impulse oder
Möglichkeiten es gibt, gab er einen Rückblick zur Entstehung dieser
katholischen Kirche, in dem doch mehrheitlich evangelischen Rambach. "Die
Realisierung des Kirchenbaues Ende der 50er Jahres ist ein Verdienst der
Menschen, die damals überkonfessionell zusammengearbeitet haben, mit
dem starken Willen ihren katholischen Mitbürgern einen Gottesdienst
vor Ort zu ermöglichen" so Pfr. Schindling "und vor deren Leistung wir
größten Respekt haben" . Rambach gehörte seinerzeit zur Gemeinde
Herz-Jesu in Sonnenberg, die jetzt mit in der großen Gemeinde St.Birgid
aufgegangen ist. Sachzwänge wie rückläufige Mitgliederzahlen
sowie entsprechende Mindereinnahmen führten schon vor Jahren im Bistum
Limburg zu Überprüfungen der Finanzierung pastoraler Räume.
Im gesamten Bistum sind ca. 1500 Immobilien, davon 500 Kirchen zu unterhalten.
Die geringe pastorale Nutzung war Anlass für das Ende der Bezuschussung.
Lediglich "Dach & Fach" des denkmalgeschützten Baues werden vom
Bistum weiterhin bezahlt. Damit "die Kirche im Dorf bleibt" gründete
sich 2007 ein Förderverein, der dann mit unfassbar viel Einsatz für
den laufenden Unterhalt sorgte. Doch wie soll es weitergehen? Welche Zukunft
ist, mit einer immer kleiner werdenden Zahl an Gläubigen möglich?
"Mittelfristig" so berichtet Pfr. Schindling "wird sich das Bistum aus der
Finanzierung völlig zurückziehen". Deswegen muss jede Pfarrei eine
Immobilienstrategie anstrengen, in deren Prozess Gebäude bewertet, evtl.
Renovierungen eingeschätzt und über pastorale oder andere Nutzung
nachgedacht wird. Für Rambach angedacht waren u.a.: ein Trauerzentrum.
Hierfür ist die Kirche zu klein. Dann eine Krippe und
Kindertagesstätte. An sich eine gute Idee, die aber von der Stadt Wiesbaden
nicht unterstützt wird, da die ev. Kirche Rambach bereits einen
entsprechenden Antrag gestellt hatte und der Bedarf in anderen Stadtteilen
größer ist. Besagter Antrag wurde zwar bereits vor 2 Jahren gestellt,
passiert ist seither leider nichts.
Eine dritte Variante ergab sich während
der Gespräche mit dem Stadtplanungsamt. Roland Becker - in seiner Freizeit
im Vorstand des Alpenvereins tätig - wies auf die Suche des Alpenvereins
nach einem eigenen Haus hin. Diese benötigt für die Verwaltung
und Betreuung ihrer über 5.000 Mitglieder mehr Platz. So fanden in den
vergangenen Monaten Vorgespräche statt. Über Beweggründe für
den Erwerb der Kirche berichtete im Anschluss der Vorstand des DAV Wiesbaden.
Pfr. Schindling hingegen wird nicht müde zu betonen :" Ich bin nicht
Pfarrer geworden, um mich von einer Kirche zu trennen! Doch was sind die
Alternativen ? Es geht auch nicht nur um fehlendes Geld, sondern um ein
sinnstiftendes Konzept für die Räumlichkeiten" . "Der DAV ist
gemeinnützig, kirchennah, dem Umweltschutz und der Natur verbunden.
Der Verein ist offen für Rambach und seine Bedürfnisse. Auch bleibt
die Möglichkeit Gottesdienst zu feiern erhalten" so Schindelings
Resümee.
Nun endlich konnten Fragen gestellt werden.
Unmut erregte, dass es seit Sommer 2019 Überlegungen zum Verkauf gab,
aber weder im Gemeindebrief noch im Ortsbeirat oder Vereinsring daraufhin
gewiesen wurde. Sicher hätten sich genug Menschen für den Erhalt
der Kirche gefunden, ist nicht nur Frau Dr. Dobrunz-Miehlkes Meinung. Viele
hätten sich eine frühere und auch stärkere Einbindung der
Gemeinde gewünscht. Immerhin ist ein Haus für Vereine in Rambach
angedacht, dessen Realisierung - wenn es überhaupt dazu kommt - viel
Zeit und Geld verschlingen wird, während hier ein fertiger Bau kurzfristig
nutzbar sei. Auch Gundula Freitag-Guse - Vorsitzende des Fördervereins
- ist gegen einen Verkauf. Ihrem bereits öfters geäußertem
Vorschlag einer Eventkirche, wird entgegengehalten, dass es in den letzten
Jahren keine Nachfragen nach Taufen und Hochzeiten gab. Hier widersprachen
einige Rambacher und berichteten, dass Taufwünsche (in dieser Kirche)
abschlägig beschieden wurden. Wichtig war den Nachfragenden ebenfalls,
dass der Erlös aus einem möglichen Verkauf nicht an das Bistum
fällt, sondern in geeigneter weise der Gemeinde wieder zugute
kommt.
Dann war endlich der Alpenverein an Reihe.
"Mittlerweile ist der DAV 151 Jahre alt" begann Dr. Uwe Goerttler, der
1.Vorsitzende der Wiesbadener Sektion, seine Darstellungen "Mit seinen 1,2
Millionen Mitglieder sind wir nach dem DFB der zweitgrößte Verein
Deutschlands, sowie auch die rechtlich selbständige Sektion Wiesbaden
der größte Verein in dieser Stadt ist". Dennoch wird es keinen
Massenansturm auf Rambach geben, zerstreut Dr. Goerttler aufkommende
Befürchtungen. Die meisten sind - wie z.B. auch im ADAC - wegen
Versicherungen, günstigen Konditionen für Hütten ua. Mitglied.
Von den 5.250 in Wiesbaden sind lediglich 10 % aktiv. Vorstandsarbeit wird
ehrenamtlich geleistet, Jugendarbeit großgeschrieben. Dr. Goerttler
kann die Emotionen der Rambacher Bürger gut nachvollziehen, denn auch
der Alpenverein war vor ein paar Jahren in einer ähnlichen Situation.
Das 1884 an der Silvretta erbaute und immer in Eigenregie betriebene Madlener
Haus sollte verkauft werden, da es in der bisheriger weise nicht weiterbetrieben
werden konnte. Der Erlös war für die dringend benötigte
Kläranlage, der ebenfalls dem Alpenverein gehörenden "Wiesbadener
Hütte" gedacht. Einerseits rationale Verkaufsargumente, andererseits
hingen Viele mit Herzblut am Madlener Haus. Nach dem Verkauf verließen
Einige im Zorn den Verein, redeten jahrelang nicht mehr mit den alten Kameraden.
Durch glückliche Fügung musste der Alpenverein nur einen geringen
Teil der Kläranlage selbst bezahlen, für 85% der Kosten gab es
diverse Fördermittel. So hat der DAV heute das Kapital für einen
möglichen Kauf der Rambacher Kirche.
Frau Uta Basting - im Alpenverein
zuständig für die Ausbildung - stellte nun die Nutzungspläne
vor. "Wir möchten mit einem eigenen Haus unserer Sektion ein Gesicht
geben" so ihr Credo, denn die angemieteten Räume in der Holzstraße
sind zu klein und wenig ansprechend. Hier in Rambach - naturnah zwischen
Wald und Streuobstwiesen gelegen und mit guter Busanbindung - lassen sich
Wanderungen oder Vereinsfeste direkt ab Vereinshaus bewerkstelligen. Für
eine Geschäftsstelle werden Empfang, Foyer, 4 Büroarbeitsplätze,
eine Teeküche, Materiallager, Archiv und Bibliothek benötigt. Weiterhin
Gruppenräume und ein kleiner Vortrags- oder Schulungsraum. Die
Außenanlage soll Stellplätze, besonders für Fahrräder,
sowie ein barrierearmer Zugang erhalten. Geplant sind energetische Sanierung
und Modernisierung der techn. Gebäudeausrüstung. Vorstellbar ist
weiterhin ein Gedenkort mit Kreuz, an welchem die Geschichte der Kirche darstellt
wird. Trotz aller Umstrukturierungen möchte der DAV die prägendenden
Elemente der ungewöhnlichen Immobilie erhalten. Wobei besonderses Augenmerk
auf den Erhalt der Gebäudestruktur, der wesentlichen Gestaltungselemente
und der Kirchengeometrie gelegt wird. In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz
sind kleinere Anbauten für Verwaltungsräume geplant. Ohne
größere Eingriffe bleiben die erst kürzlich instandgesetzten
Räume in der Unterkirche. Diese Räumlichkeiten wie, auch das
Kircheninnere, könnten Rambacher Vereine/Gruppen gegen Unkostenbeteiligung
nutzen.
Im Anschluss an diese Ausführungen
ergaben sich noch einige Fragen.
Befürchtungen gab bzgl. einer zu
starken Frequentierung der bisher ruhigen Sackgasse oder in den
Jugendräumen "Halli-Galli bis um Uures" so ein Anwohner. Toni Petzolt,
Jugendwart, beruhigte " Unsere jungen Leute sind keine Partymäuse, wir
sind eher draußen". Auch ansonsten konnte der Alpenverein Bedenken
ausräumen. So wird die Geschäftstelle voraussichtlich nur an 2-3
Nachmittagen öffnen. Offensive Bewerbung der Räumlichkeiten ist
gleichfalls nicht vorgesehen: "Wir sind schließlich kein
Wirtschaftsbetrieb, der Gewinne generieren muss. Doch durch die eigene Immobilie
können hohe Mietkosten eingespart werden" lautet die Antwort. Genau
sowenig kommt Klettern an Außenwänden oder gar dem Glockenturm
für den DAV in Frage, gibt es doch genügend Indoor- und Outdoor
Klettern in der näheren Umgebung. Im Kircheninneren können - auch
wenn dies dann kein geweihter Raum mehr ist - auf Wunsch Gottesdienste gefeiert
werden. Sehr wichtig war den Anwesenden, dass Alles offen und noch nichts
beschlossen ist.
Von Seiten der Alpenvereinsmitglieder
gibt es eine breite Zustimmung zu diesem Vorhaben. Bevor jedoch
Vertragsverhandlungen angestrebt werden, wird am 13.Mai eine
Mitgliederversammlung - die deshalb in der Rambacher Kirche stattfindet -
das letzte Wort haben. Alles in allem freut sich der Alpenverein auf eine
gute Zusammenarbeit mit Rambach, wo er nicht nur zu Gast sein möchte,
sondern aktiv am Gemeindeleben teilnehmen und sich aktiv einbringen
will.
Auch seitens der Kirchengemeinde St.Birgid
ist noch kein Beschluss gefasst. Niemand will leichtfertig eine Kirche aufgeben!
Deswegen auch die Einbindung der Öffentlichkeit in diesem frühen
Stadium. Dem Verkauf zustimmen müssen später Pfarrgemeinde- und
Verwaltungsrat. Das letzte Wort hat danach das Bistum Limburg. Hier findet
man die Idee gut. Einen Erhalt des Kirchengebäudes - ohne dass dieses
nunmehr kommerziell vermarktet wird und sogar mit dem Angebot einer Weiternutzung
- ist aus Sicht des Bistumss gut verträglich. Jedenfalls will man seitens
des Bistums keinen Druck ausüben oder eine Entscheidung erzwingen.
Die mit soviel Enthusiasmus seitens des
DAV vorgetragenen Pläne, begeisterten die Rambacher. Aber es gab auch
Stimmen, die das angedachte Haus der Vereine in der Laach sehen
möchten.
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