Die Bauarbeiten begannen am 17. Oktober 1899, westlich
vom Stollen wurde die Schmiede, nördlich das Maschinenhaus und in sicherer
Entfernung die Hütte für das Sprengmaterial errichtet, Sprengmeister
war
Johann
Meurer.
Beim Baubeginn verfuhr man keineswegs zimperlich: Die Rambacher Gemeindewege
wurden in Anspruch genommen, Warnungstafeln des Bürgermeisteramts missachtet
und Bauschutt auf die Wiesen gekippt. Das Schmutzwasser aus dem Stollen
verunreinigte den Rambach, und gegen den Flurschaden, den die Arbeiter
anrichteten, war der Feldhüter machtlos. 59 Rambacher, die sich in einem
geharnischten Protestschreiben an "Eine hohe Königl. Regierung" wandten,
fühlten sich in die Zeiten des Faustrechts zurückversetzt und ersuchten
um Unterstützung gegen die Ein- und Übergriffe der Stadt. Die Reaktion
des Landrats war eindeutig: Er stellte die Verantwortlichkeit der Stadt auch
für beauftragte Unternehmer klar und forderte sie auf, zunächst
einmal die "Zuständigkeit der örtlichen Behörden
(Bürgermeister, Gemeinderat pp.) wieder zu der gesetzlichen Geltung
zu bringen". Es zeigte, dass der Vorstoß der Rambacher Grundbesitzer
intern dennoch Wirkung hatte, denn Oberbürgermeister von Ibell wies
die Wasserwerksverwaltung an, dass die Rambacher keinen Anlass mehr zu weiteren
"berechtigen Beschwerden" haben könnten. Als dann der Rambacher
Bürgermeister
Morasch in
einer 19-seitigen Dokumentation das Vorbringen seiner Mitbürger stütze
und ihre Behauptungen belegte und sich auch der
Landrat Graf
von Schlieffen erneut einschaltete, lenkte die Stadt schleunigst ein.
Der Bau des Stollen konnte nun beginnen.
Am 3. Juni 1902 konnte Kolberg eine erfreuliche Nachricht übermitteln:
Nach der Bewältigung der am 26. März 1902 angeschlagenen
größeren Wassermengen erreichte man bei 1.800 m den vorderen Quarzit
Zug. In drei Schichten waren damals 40 bis 50
Bergleute, Handwerker
und Hilfskräfte eingesetzt. Schleunigst beschaffte man 26 wasserdichte
Anzüge. Doch sollte dies nicht die einzige zusätzliche Ausgabe
bleiben. Denn gleich zweimal, nämlich bei 1.752,5 m sowie bei 1.834,6
m, traten derartige Einbrüche auf, dass für den Abtransport von
mehreren tausend Wagen herabgefallenen Gesteins und eine besonders
sorgfältige Ausmauerung enormer zusätzlicher Arbeitsaufwand und
erheblicher Materialverbrauch entstand, so dass sich die Stadt, wenn auch
"aus Billigkeitsgründen", zu einer Zusatzzahlung von 21.000 Mark
bereitfinden musste. Um den Rambach wenigstens tagsüber nicht durch
die Baustellenabflüsse verunreinigen zu lassen, errichtete die Stadt
unterhalb des Stollens im März 1902 ein provisorisches
Sammelbecken
mit 3.500 m Fassungsvermögen. Nach dem Bau des Kellerskopf-Stollen,
wurde das Sammelbecken zum Stollenweiher, ganz zur Freude der Rambacher
Kinder.
In den nächsten Monaten gingen die Bauarbeiten zügig voran, so
dass der Stollen zum Jahresende 1903 eine Länge von 3.222 m hatte. Von
nun an gingen die Abschlussarbeiten im und am Stollen ohne weitere
Zwischenfälle voran. Im Sommer 1905 waren noch etwa 60 Arbeiter mit
Ausmauerungs- und bergmännischen Begradigungsarbeiten beschäftigt.
2.646 m des Stollens wurden vollständig, 1.605 m nur in der Sohle
ausgemauert. Sobald die sogenannte "Verschlusswasserleitung" montiert und
der Ausbruch für die Verschlussanlage fertiggestellt war, konnten die
von der Bochumer Eisenhütte gelieferten
Dammtüren,
(Stollenverschluss) die das Wasser speichern sollten, bei 1.086 m und 2.844
m eingefügt werden. Bis zum 30. Juli 1905 waren aus Oberkassel bei Bonn
4.200 Betonschwellen eingetroffen, 4.200 m Grubengleise wurden verlegt,
Glässing & Schollwer, Schüren in Westfalen, lieferten eine
Zweisitzer Draisine und einen Anhängewagen.
Auch wenn die Verwaltung dem Regierungspräsidenten mitteilte, dass der
Kellerskopfstollen seit Januar 1906 in Betrieb sei, so war doch bis zum Ende
des Jahres noch eine ganze Reihe von Bergleuten, Maurern, Schmieden und
Tagelöhnern bei der Herstellung der Messkammer und sonstiger Anlagen
beschäftigt.
In jener Zeit entstand am Ende eines neu angelegten Voreinschnitts das
repräsentative
Stollenportal
aus rotem und weißem Sandstein und hellem Granit. Den Mittelteil bildete
ein monumentaler roter Sandsteinbogen, in dessen Scheitel das Wiesbadener
Lilienwappen eingefügt wurde. Unterhalb des Rundbogens verwandte man
hellweißen, sorgfältig geschnittenen und glattpolierten Sandstein,
so dass ein lebhafter, farbiger Kontrast entstand. Der Steinhauermeister
Philipp Schulz aus Wiesbaden lieferte die behauenen Werksteine nach den
Plänen der Wasserwerksverwaltung. Am 21. August 1906 waren das Portal
und die dahinterliegenden Räume fertiggestellt. Dann lackierte man Draisine
und Anhänger und war für den großen Tag gerüstet: Am
16. Oktober 1906 besichtigten Vertreter der Regierung die neueste
Wassergewinnnungsanlage der Stadt Wiesbaden. Mit einigen Zweispännern
fuhren die Herren vor, denen Ing. Spieser als Zugeständnis an die im
Tiefstollen zu erwartenden Widrigkeiten vorsorglich "das Ablegen des Kragens"
angeraten hatte, und wurden dann nacheinander auf der
Draisine "vor
Ort" gefahren, durch weite
Lotsenmäntel
gegen Tropfwasser und Schlammspritzer weidlich geschützt. |