Eisgewinnung

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Die bei der Gewinnung von Natureis anfallenden Arbeiten boten Bauern und Handwerkern, die in der kalten Jahreszeit keine andere
Beschäftigung hatten, die Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen. Wenn die Eisdecke dick genug war, trafen sich die Männer am Eisweiher.
Sie arbeiteten in Gruppen, einige von ihnen waren mit Äxten ausgerüstet. Sie gingen auf die ca. 10 cm dicke Eisfläche und zersplitterten
das Eis in transportfähige Brocken, „Schilwe“ genannt.

Die andere Gruppe zog oder schob die Brocken zu den Verladestellen. Die Männer benutzten dazu lange Holzstangen, an deren Spitzen
geschmiedete Haken waren, die zum Ziehen ins Eis geschlagen wurden.

Die Verladegeräte waren aus Holz gefertigt. Die Gestelle reichten soweit über den Weg, dass eine Karre darauf fahren konnte.
Es gab umgebaute Leiterwagen, die man von Hand entleert hat und die sogenannten „Schneppkarren“. Seine hintere Wand war
oben drehbar gelagert und unten verriegelt. Der ganze Aufbau diente als Lagerfläche und war über der Achse ebenfalls drehbar.

Auf einem fast ebenen Weg brachten diese Karren das Eis zur „Kippelmühle“, wo das Eishaus stand. Diese Gebäude stehen heute
noch und ihr Besitzer ist die Familie Spandl.

Über den Schächten, die zu den Eiskellern führten, wurde ausgekippt. Zuerst wurde daraus eine Mauer gebaut, die den Eingang
zum Keller freihielt. Dicke Mauern und schattenspendende Tannen schützten es vor sommerlichen Temperaturen. Trotzdem schmolz
das Eis bis zu einem Meter Entfernung von der Mauer weg. Außer den Kellern gab es im Eishaus noch einen großen Raum, in dem
die Eiswagen kühl gehalten wurde, mit den man das Eis zu den Kunden fuhr. Diese schweren Wagen hatten vier Räder und wurden
von zwei Pferden gezogen. Das Eis wurde zu Großabnehmern wie Krankenhäuser, Hotels, Gaststätten und Metzgereien in Kübeln
zu je 20 Kg ausgeliefert.

In der „Römerburg“ kühlten wir im Sommer unsere Bierleitung und die Theke. Ich musste deshalb mit einem Handwagen zur Kippelmühle
fahren, um Eis zu holen. Am Tor lag der Hofhund an einer langen Kette. Wenn ich ihn hinter mir hatte, war das schwierigste geschafft.
Dann hieß es warten, bis jemand kam, um mit mir in den schwach bedeuteten Eiskeller zu gehen. Mit einem Pickel schlug man das Eis
los, dass zu einem Berg zusammengebacken war. Ich verlud es auf dem Leiterwagen und fuhr es in einem Sack nach Hause.

Als die elektrischen Kühlschränke aufkamen, wurden die Gewinnung von Natureis und die Herstellung von Kunsteis eingestellt.
Die Weiterentwicklung der Technik hat dieses Handwerk aussterben lassen.

Text: Heinz Steinle, aus den Rambacher Notizen